Heute schreibe ich das letzte Kapitel meiner Trigeminus-Neuralgie-Trilogie. Ein Happy End ist nach einer intensiven Zeit in Sichtweite.
01.07. Es ist der Tag vor unseren Ferien. Meine Eltern und ich fiebern seit Monaten der Flussschiffsreise nach Flandern – Holland – Friesland entgegen. Am Vormittag plagt mich eine kleine Schmerzattacke. Ich schreibe das meinem «Reise-Vorfreude-Stress» zu. Abends im Bett treffen mich die Nervenschmerzen mit voller Wucht. Die Attacke dauert 90 Minuten. Mein Vater ruft die Ambulanz. Ich bekomme sofort eine Infusion und mehrmals Morphium. Das überlastete Inselspital lehnt mich ab und darum werde ich ins Lindenhofspital gebracht. Dort werde ich weiter mit Schmerzmitteln versorgt und danach morgens um 4 Uhr nach Hause geschickt. Wir sind übermüdet und frustriert. Unsere Ferienpläne lösen sich gerade in Luft auf. Es ist ernüchternd!
05.07. Mein Vater und ich fahren erneut in den Inselnotfall. Die Trigeminusschmerzen sind zu unberechenbar. Im Verlaufe des Nachmittags fällt der Entscheid, dass ich stationär aufgenommen werde. Die Neurochirurgen hätten mich gerne auf ihrer Abteilung gehabt. Aus Platzgründen befinde ich mich gegen 21 Uhr aber in der Neurologie in einem 5-Bett-Zimmer. Die Patienten trennt nur ein dünner Vorhang. Meine heftige Schmerzattacke von 20 Uhr ist noch nicht abgeklungen. Es ist ein harter Einstieg! Eine Patientin hat eine schwierige Nacht, ständig kommt die Pflege ins Zimmer und muss sich um die Frau kümmern. Ich schlafe nur wenig. Zum Glück werde ich tags darauf in ein 2-Zimmer verlegt.
07.07. Die Ballonkompression kann nicht wie erhofft am Donnerstag stattfinden. Der Operationstermin wird auf den nächsten Montag verschoben.
08.07. Seit gestern kann ich kaum essen und sprechen. Der Plan die wenigen Tagen mit Schmerzmitteln und Oxynorm, einem Opiat, zu überbrücken, scheitert. Ich bekomme eine Keppra-Infusion und danach das Antiepileptika Levetiracetam 1000mg. Die Schmerzen sind nun aushaltbar und essen einigermassen machbar.
10.07. Ich werde informiert, dass ich nach der Operation auf die Neurochirurgie verlegt werde. Der Entscheid ist nachvollviehbar, doch es stresst mich. Meine Mama hilft mir packen und die Pflegende listet in einem Protokoll meine Wertsachen auf. Am Abend muss ich duschen, Haare waschen und das Bett wird neu bezogen, damit ich für den Eingriff möglichst keimfrei bin.
11.07. Um 7.15 Uhr werde ich in den Operationsaal gebracht und die Anästhesie bereitet drei Venenzugänge für die Narkose vor. Unter Röntgenkontrolle sowie mit Einsatz von Navigation wird die Sonde durch meine Wange vorgeschoben und in der Höhle des Nervenknotens ein Ballonkatheter platziert. Dieser wird einige Minuten aufgeblasen. Es entsteht ein hoher Druck, so dass die Schmerzfaser des Nervs beschädigt wird und die Schmerzinformationen nicht mehr weitergeleitet werden. Die Funktion des Nervs bleibt intakt. Der Eingriff dauert nur 15 – 20 Minuten.
Um 10 Uhr öffne ich meine Augen. Ich habe die Operation komplikationslos überstanden. Die Trigeminusschmerzen sind sofort weg. Ich bin überglücklich und verdrücke ein paar Tränchen. Meine rechte Gesichtshälfte ist taub und die Backe geschwollen. Ein kleines Pflaster bedeckt die Einstichstelle an der Wange.
Auf der Station der Neurochirurgie angekommen wird mein Neurostatus tagsüber alle 2h und in der Nacht zweimal geprüft. Anhand von Tests wird geklärt, ob die Hirnnerven unauffällig reagieren, die Kraft seitengleich normal und die Sensibilität symmetrisch ist. Das ist anstrengend so kurz nach einer Vollnarkose, zumal mir nach den ersten Gehversuchen schwindlig und übel wird.
12.07. Bereits vor 8 Uhr findet die Arztvisite statt. Ich habe eine Wahrscheinlichkeit von 90% in den nächsten fünf Jahren schmerzfrei zu bleiben. Eine Nachkontrolle wird in sechs Wochen durchgeführt. Da mein Kreislauf den Härtetest Treppensteigen mit der Physiotherapeutin gut meistert, gehe ich nach Hause.
17.07. Ich habe ein Ziehen ins rechte Ort, das unangenehm bis schmerzhaft ist. Die Schwellung der Backe lässt nach und seit Donnerstag kann ich wieder Zähne putzen. Bis die Sensibilität im Gesicht wieder vollständig zurückkommt, kann es noch Wochen dauern. Insgesamt bin ich sehr zufrieden und vielleicht können wir im September unsere Ferien nachholen.
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